"Kunst
braucht
Raum
+
Raum
braucht
Kunst"

Stand: Mittwoch, 1. Juli 2020

Darmstädter Kulturbeutel

Kultur, lat. cultura, ist die Pflege des Körpers, aber auch des Geistes.

Hurrah!!! - Wir können unsere Kultur überall mit hin nehmen – weil wir ja den Kulturbeutel haben. Wieviel Kultur passt eigentlich in so einen Beutel? Was ist Kultur überhaupt?

Ist Kultur vielleicht nur etwas Edles, etwas architektonisch Repräsentatives oder das Praktizieren eingeübter Rituale in den großen Häusern? Kann man Kultur nur zu bestimmten Anlässen aus dem Beutel holen?

Oder ist Kultur nicht vielmehr Teil unsere Lebensart – dass heisst unserer Art zu Leben, sich auszudrücken, Bilder und Eindrücke zu schaffen, zu genießen und zu kommunizieren. Da ist die ganze Vielfalt der Kreativität und der Engagements einer Lebensgemeinschaft inbegriffen.

"Die politische Anspielung ist gewollt. Damit Kunst gedeiht, braucht es nach Meinung von Wellmer-Schnell neben Förderung auch Freiraum"
Anja Trieschmann, Darmstädter Echo 2008

"Karina Wellmer-Schnell hat in ihrer Installation mit dem Titel „Darmstädter Kulturbeutel“ Fotografie auf ganz besondere Art eingesetzt. Auf etwa zwanzig kleinen Papiertragetaschen sind beidseitig Fotografien appliziert. Die eine Seite zeigt das Porträt eines Darmstädter Künstlers /Künstlerin, die andere gibt einen Einblick in das Atelier und das Werk. Karina Wellmer-Schnell hat zunächst Porträts der BBK-Kollegen geschossen und dann ihren Blick in die Ateliers der Kollegen geworfen, hat deren Allerheiligstes auf sehr persönliche Weise wahrgenommen, die Kunst und ihre Produktionsstätte für einen Schnappschuss inspiziert.

Ein Ausschnitt in die Topografie der Atelierlandschaften, in die vitalen Kammern der Kunst ist entstanden, die wir nur gebückt sehen können, zu klein sind die Kulturbeutel um ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können. Das Wort Kultur, so kann man nachlesen, hat mit der Pflege von Körper und Geist zu tun. Den für die Körperpflege zuständigen noch kleineren Kulturbeutel kennen wir ja, doch auch in diese hier, scheint nicht allzu viel hineinzupassen. Ungeordnet, um ein Zentrum formiert, so stehen sie, die Tütchen, fristen ihr kärgliches und klägliches Dasein als bescheidene, leere Behältnisse und sind allesamt um eine sehr viel größere, veritable Tüte gescharrt. Auf dieser prangt zum einen der große, Licht durchflutete Ausstellungsraum der Darmstädter Kunsthalle, den Sie sicher alle erkannt haben. Nein, hier waren nicht Christo & Jean-Claude am Werk, die neuerdings Innenräume verhüllen. Man mag es kaum glauben, dass einer der schönsten Ausstellungsräume von Innen mit Plastikfolie verkleidet oder verpackt wurde, mit dem Hinweis, die Finger doch ja von diesem wertvollen Kulturdenkmal zu lassen. Soll er aufgrund mangelnder Nutzung vielleicht geschlossen anderweitig genutzt oder schlimmer, gar verschickt werden? Da gäbe es mit Sicherheit einen großen Aufschrei unter den Kunstschaffenden der Region, die ja so dringend – wie die zweite großformatige Fotografie verkündet – Raum brauchen. Wenn man bedenkt, dass Darmstadts Künstler in ihrer eigenen Stadt fast ausschließlich in Durchgängen und Treppenhäusern ausstellen, dann gleicht die Versammlung dieser Künstler im Porträt samt Referenzen ihres Tuns an den Wänden ihrer Einweggalerie fast einer Demo für mehr Raum. Aber auch der Raum braucht Kunst, wie wir lesen können, auch er will nicht vereinsamen und das ist das große Dilemma Herr Dr. Joch. Bieten Sie Raum für Darmstädter Künstler und wir packen die ehrenwerte Halle sofort wieder aus!
Andrea Suppmann in der Eröffnungsrede zu ZEITWEISE kunst werk 2
August 2008 im Stolze Haus, Darmstadt
Darmstädter Kulturbeutel, Installation, 2008



Darmstädter Kulturbeutel, Installation, 2008


Darmstädter Kulturbeutel, Installation, 2008
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Fotos: Karina Wellmer-Schnell